Flötenuhr
       Flötenuhr von I.Bl. Bruder von 1825 aus der
       Sammlung der Waldkircher Orgelstiftung


Drehorgel Gebr. Bruder
       Drehorgel Wilhelm Bruder Söhne, etwa 1880,
       aus der Sammlung der Waldkircher
       Orgelstiftung

Einige Worte über Flötenuhren und Drehorgeln

Den Klang der Musik zu konservieren, um jederzeit über ihn verfügen zu können, ist ein alter Traum der Musik-
liebhaber. Heute hat er sich längst erfüllt. Musik aus der Konserve ist in unserem Alltag allgegenwärtig. Wir können kaum nachvollziehen, welche Faszination es für unsere Vorfahren bedeutete, Musik zu hören, die nicht von Menschen gespielt oder gesungen wurde, sondern „wie von Geisterhand“ erklang.
So etwa – heute nostalgische Touristenattraktion – die Glockenspiele, die in vielen Orten zu bestimmten Tages-
zeiten von markanten Gebäuden herab erschallten. Berühmt war das Glockenspiel der Potsdamer Garnisonskirche, das mehr als 200 Jahre bis zu seiner Zerstörung 1945 mit seinem „Üb immer Treu und Redlichkeit“ die Bürger auf den Pfad der Tugend zu führen suchte.
Beliebtes Statussymbol, schon seit dem 16.Jahrhundert, war in den Schlössern des Adels die Flötenuhr, ein mechanisches Musikinstrument, das mit Hilfe einer Holzwalze, die kunstvoll mit Metallstiften und -bügeln versehen war, ein kleines Orgelwerk zum Klingen bringen konnte. Die große Zeit der Flötenuhr war die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts. Friedrich der Große, selbst Liebhaber und Sammler, hatte Schweizer Uhrmacher in Berlin angesiedelt und damit für einen Aufschwung der Flötenuhrherstellung gesorgt. Zugleich hatten die Komponisten, die an seinem Hof angestellt waren, entsprechende Musik zu schreiben. Den Höhepunkt fand diese Entwicklung zweifellos in den beiden letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts in Wien, wo Haydn, Mozart und Beethoven ihren Beitrag zur Flötenuhrmusik leisteten.


Inzwischen hatte – um das Jahr 1700 – die bescheidenere Schwester der Flötenuhr, die Drehorgel, das Licht der Welt erblickt. Indem der komplizierte Antrieb eines Uhrwerks durch die von Menschenhand zu betätigende Kurbel ersetzt wurde, war die Herstellung wesentlich verbilligt worden. Die Musik war zwar weiterhin auf der Walze, später auf gelochten Papierbändern, „gespeichert“, aber es bedurfte nun eines Spielers, der die Kurbel dreht und damit auch die Möglichkeit hat, den musikalischen Verlauf zu modifizieren.


Große Verbreitung fand die Drehorgel, nachdem unter Maria Theresia nach dem Siebenjährigen Krieg den Invaliden Lizenzen erteilt worden waren, „mit einer Drehorgel Erwerb zu suchen“. Damit hatte die Drehorgel ihre Rolle als Straßeninstrument gefunden. Schnell wurde sie überall in Europa beliebt und sorgte für die musikalische Unterhaltung der unteren Schichten. Der „Leierkasten“ erklang bis in das 20.Jahrhundert hinein auf den Straßen der Städte und in den Hinterhöfen der großen Mietshäuser, er begleitete die Moritatensänger und mischte sich in den Lärm der Jahrmärkte. Gegenüber der Konkurrenz von Radio und Schallplatte stand er freilich auf verlorenem Posten. Erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts erwachte das Interesse aufs Neue. Seither findet das Instrument seine Anhänger unter Drehorgelsammlern und -spielern.
Angeregt durch den französischen Drehorgelspieler Pierre Charial möchte Jürgen Braun die Drehorgel von der Straße in den Konzertsaal holen. Nach seinen Vorstellungen und in seinem Auftrag ist sein Instrument von der Werkstatt „Waldkircher Orgelbau Jäger & Brommer“ gebaut und Anfang des Jahres 2007 fertig gestellt worden. Es umfasst 56 Tonstufen in einem Holzregister: Gedackt 8’ und ist in durch­gehend chromatischer Folge über 4 ½ Oktaven von Groß-C bis g³ besetzt. Es ist besonders weich intoniert und mit seinem kammermusika­lischen Klang und großen Umfang für die Wiedergabe von Musik eines Großteils der europäischen Tradition bis hin zu zeitgenössischen Werken geeignet.

Das Repertoire von J.Braun hat einen Schwerpunkt in den Flötenuhrkompositionen von G.Fr. Händel, C.Ph.E. Bach, J. Haydn, W.A. Mozart und L.v. Beethoven und umfasst im übrigen aber auch Bearbeitungen von Musik unterschied-
lichster Art aus dem 18. bis ins 20. Jahrhundert.

 

Dr. Jürgen Braun, Ernst-Duis-Weg 13, 79219 Staufen i.Br.